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Wo Wasser im Kreis läuft: Der Gutsgarten Hellersdorf

Im Herzen von Hellersdorf liegt zwischen Plattenbauten ein verborgenes Juwel: der Gutsgarten Hellersdorf. Hier bringt gemeinschaftliches Gärtnern Menschen über die Grenzen des Stadtteils hinaus zusammen. Doch nicht nur das macht den Garten besonders: Was hier grünt und wächst, wird mit Wasser aus der garteneigenen Wasserrecyclinganlage gegossen.

Wer die Recyclinganlage sucht, steht zunächst vor einem doppeltürigen Holztor. Dahinter verbirgt sich ein Container mit einem Konstrukt aus vier großen, rotbraunen Rohren, die nebeneinander aufgereiht und mit kleineren Rohren und Schläuchen verbunden sind. Dieses beeindruckende System ist das wassertechnische Herzstück des Gutsgartens. Direkt neben dem Container ist eine Tonne in den Boden eingelassen, deren Existenz nur ein schwarzer Deckel an der Oberfläche verrät. Wenn man genau hinhört, ist das leise Blubbern und Rauschen von Wassers zu hören. Die Herkunft und der Weg des Wassers, das durch die Rohre fließt, bleiben vorerst ein Rätsel, das Neugier weckt.

Eine Gemeinschaft erblüht, Nachhaltigkeit wächst

Der Gutsgarten Hellersdorf hat sich 2016 als Ableger der Prinzessinnengärten gegründet. Er ist ein Treffpunkt für Menschen, die zusammen gärtnern und sich austauschen. „Zu uns kommen viele Leute und haben gemeinsam eine gute Zeit“, erzählt Daniel Dermitzel begeistert, der seit 2017 eine treibende Kraft des Projektes ist. „Die Beete werden von allen ehrenamtlich betreut und in unserer Gemeinschaftsküche trifft man sich, um geerntetes Gemüse zu verarbeiten, Gäste zu verköstigen, Geschirr zu spülen oder um zu quatschen.“ Ein wichtiger Nebeneffekt dieser Begegnungen ist das anfallende Abwasser. Es fließt nicht in ein herkömmliches Abwassersystem, sondern in die vierröhrige Konstruktion im Garten.

Erwin Nolde: Der Mensch hinter der Maschine

Ein regelmäßiger Besucher des Gartens ist Erwin Nolde. Er ist der Konstrukteur der bemerkenswerten Anlage, die er als „Grauwasserwiederaufbereitungsanlage“ bezeichnet. Er weiß ganz genau, was darin passiert, wenn jemand in der Küche Gemüse wäscht oder Teller spült. Sie ist nicht die erste ihrer Art, die durch Erwin entstanden ist. „Die Anlage hier im Garten ist allerdings von der kleineren Sorte“, schmunzelt er. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass Daniel und Erwin 2020 ins Gespräch kamen, nachdem der Gemeinschaftsgarten an den jetzigen Standort umziehen musste. Ein Abwassersystem war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden. Mithilfe von Fördermitteln konnte der Bau der Grauwasserrecyclinganlage umgesetzt werden – seitdem sind schon tausende Liter gereinigtes Wasser in die Gemüsebeete gelaufen.

Recyceltes Wasser – einfach und genial

„Für den Filterprozess braucht es nicht mehr als Luft und Strom“, erklärt Erwin. Das Abwasser aus der Küche wird gesammelt, grob gefiltert und landet dann in der unterirdischen Tonne. Sobald der Wasserpegel einen gewissen Stand erreicht, wird es in das erste der vier Rohre gepumpt. „Was wir dann brauchen, um das Wasser zu reinigen, sind Mikroorganismen, die die organischen Bestandteile im Wasser zerkleinern“, ergänzt Erwin. Die Mikroorganismen befinden sich auf kleinen Schaumstoffwürfeln, die in den Rohren umherwirbeln. Den Rohren wird Luft zugeführt, damit die Mikroorganismen gut arbeiten können. „Von Rohr zu Rohr verkleinern sich die organischen Stoffe und die Qualität des Wassers steigt“, sagt Erwin. Es werden keine Chemikalien zugeführt. Am Ende wird das glasklare Wasser mit einem UV-Filter desinfiziert. Danach kann es für die Bewässerung des Gartens genutzt werden.

Vision für die Zukunft

Diese Anlage ist die erste, die in einem Berliner Gemeinschaftsgarten steht. „Abwasser ist leider eine unterschätzte, aber überaus wichtige Ressource“, fasst Erwin zusammen. Die längeren Trockenperioden im Sommer, können so gut überbrückt werden. Erwins Wunsch ist es, dass eines Tages nicht nur Grauwasser, sondern sämtliches Abwasser aus Gartenanlagen mit solchen Systemen aufbereitet wird. „Das würde den Gartenanlagen nicht nur das mühsame Abpumpen der Klärgruben ersparen, sondern auch eine wichtige Ressource sinnvoll nutzen“, betont er. So blüht inmitten von Hellersdorf nicht nur ein Garten, sondern auch eine Vision für eine nachhaltigere Zukunft auf.